Helgoland Marathon

Nach nunmehr einem Vierteljahr intensiver Vorbereitung mit gut 520 Trainingskilometern wagte ich mich wieder auf die Hochseeinsel Helgoland, zu einem der schönsten Marathonläufe die ich kenne:

IMG_6461Fernab jeglicher Menschenmassen, familiär organisiert und rundherum nur Wasser ,endlose Weite – Blicke in die Freiheit… Noch bis zur Abreise am Donnerstag war ich im Glauben, dass sich meine kurzfristig zugezogenen Muskelverletzungen nicht mehr erholen würden, zeigte mich aber dennoch entschlossen, die Rekordjagd nach der 3:30 h (eine magische Zeit für leistungsorientierte Amateurläufer ) endlich zu packen. Im Vorfeld zu diesem Lauf ging ich immerwieder Renntaktiken durch und rechnete mich im Training halb blöd, dabei ist doch klar, dass ich auf den Kopf 12km/h laufen muß, warum verrückt machen…? Mein Domizil, die Jugendherberge, dient auch über das Veranstaltungswochenende über als Zufluchtsort für Sportler aus ganz Deutschland und es macht Spaß in der Zeit, die unmöglichsten Erfahrungen der Läufer zu hören und teilweise auch gute Freundschaften zu schließen. Der „Fuselfelsen“ ist während des Laufes 5x zu umrunden, wobei es erst seit vorigem Jahr so ist, dass die Rundenlänge gekürzt wurde und eine mehr zu laufen ist. (Die Insel bröckelt vielerorts und  es ergeben sich Änderungen!)

Also einmal mehr, die lästigen 70 Höhenmeter (pro Runde) bewältigen „Irgendwie bist Du bescheuert“, sage ich mir, „renne nun zum 46. mal immer gegen den Uhrzeigersinn um die Insel, nur um einen (bzw. nunmehr elf Marathonläufe zu schaffen!“ Sehr gesellig ist immer der Vorabend, wenn sich 100 Sportler zum gemeinsamen Pastaessen in der Herberge treffen und zentnerweise Nudeln in sich reinschaufeln, die als Energielieferant am nächsten Tag herhalten sollen. Eine liebgewonnene Tradition, die ich nicht brechen möchte, an deren Wirkung man schon glauben muß, um davon überzeugt zu sein. Zumindest verschaffen einen 500 g Nudeln schon ein gutes Gewissen, handhabt man das doch immer so vor langen Läufen- speziell Marathon- Samstag um 09.15 geht sie los die ca. 35.200 Schritte lange Reise, auf der man gut 3 kg Gewicht und nicht weniger als 3500 Kcal verliert!

Durch gezielte Gymnastik bekam ich meine körperlichen Problemchen finden Griff, oder half der Kopf nach…?, so dass ich hochmotiviert an den Start ging! Das Wetter war zunächst regnerisch, ungemütlich und sehr windig, ungeeignet für eine gute Zeit. Aber resignieren???Niemals!!!!

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Vor mir spielt sich gerade ein Film der letzten Monate ab, in denen ich auf diesen einen Tag gewartet habe. Um ehrlich zu sein: Ich hatte Angst! Ob es Versagensängste waren, Verletzungsängste, ich weiß es nicht. Ich habe mich verrückt gemacht , noch Tage und Wochen vorher, selbst die letzten beiden Tage auf der Insel waren für mich belastend. Auch wenn es nur ein Lauf ist, aber ehrgeizig , wie ich bin, habe ich die Gabe mich extremst da hineinzusteigern. Nun wo ich massiert und geduscht auf meinem Zimmer hocke, weiß ich, dass ich alles richtig gemacht habe und ein großer Klumpen von mir gefallen ist.

Ich habe im Vorfeld gesagt: „Ich will unter die Top 15 und eine Zeit von 3:30 h erreichen. Ich bin 15. geworden und habe 3:26  erreicht! Immerwieder holt mich ein Gefühl der Rührung ein und ich muß an mich halten, nicht vor Freude und Erleichterung Tränen in die Augen zu bekommen. Ich könnte mich nicht erinnern einen Marathon so intensiv erlebt zu haben. Im Vorfeld (am Start )redete ich mit Konkurrenten über meine Ziele, manche von ihnen wurden zu treuen Begleitern über einige Runden und meine Vorgabe war zum Teil auch deren Vorgabe, so konnte man sich gegenseitig unterstützen und umrechnen: Eine Runde  in Max 41:xx min. .In Runde eins hatten wir 2 min Plus herausgelaufen und bis zur dritten Runde sagenhafte 6 Minuten. Sollte es noch so sein, hier die 3:25 zu knacken???? Insgesamt 5 x die Steigung ins Oberland, strömender Regen in Runde eins und bis zu acht Windstärken ließen dieses Plus etwas schmelzen. Manch ein Zuschauer zählte das Teilnehmerfeld. Ich wurde so in Kenntnis gesetzt, noch dr ei Plätze gut machen zu müssen, was mit einem großen Kraftaufwand und langem Atem gelang, aber es war nicht leicht, denn ab Runde 2 wurde der Wind stärker und  die linke Leiste und der. Sehr sogar, aber mir wäre es nie in den Sinn gekommen, aufzuhören. Ich behandele meinen Körper mit brachialer Gewalt, um Ziele zu erreichen. Immer wieder die gleiche Schrittfolge an bestimmten Wegpunkten und die Zeit im Visier Irgendwann war klar, dass ich ein Zeitplus hatte, dass locker für 3:30 reichen würde, jetzt muß ich es nur noch offiziell machen und zum Ziel kommen. Lahme, schwere Schritte, hinter mir hörte ich Schritte… „Bloß nicht überholen lassen!“, dachte ich . Auf den letzten Metern spurtete ich , um noch Sekunden und Vorsprung rauszuholen und im Ziel brach ich erstmal in Freudentränen aus. All die Arbeit, die Zeit, die investiert wurde, all diese Belastung fiel nun von mir ab und spontan wußte ich nicht, wann ich ein ähnliches Gefühl schonmal erlebt habe. Ich bin angekommen!!!! Aber der Hunger nach mehr hört nicht auf, ich kann und will noch weiter!!

Die Zugabe in Bildform:

Einmal die Steigung ins Oberland, der Beweis, dass ich unter 3:30 war und eine Impression

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Viele Grüße,  Christoph Last